Aktuelles Heft
Die GIESSEREI ist die bedeutendste und auflagenstärkste Gießereifachzeitschrift Europas. Hier finden Sie den Inhalt der aktuellen Ausgabe 11/2025.
Branche | Meldungen
- Branche | Meldungen
- Gießerei Heunisch: Aus für Werk in Brünn
- GIFA & Co: Satellit jetzt auch in Indien
- Holdingstruktur: ExOne und Voxeljet fusionieren
Branche | Veranstaltungen
- 34. Ledebur-Kolloquium: TUBAF lädt zur Technologieschau, Niklas Reiprich
Special | Additive Fertigung
- Skalierbares Verfahren erfolgreich demonstriert: Additive Fertigung für komplexe Druckgusswerkzeuge, Martin Grolms
- Glättung 3D-gedruckter Sandformen: Vorteile reduzierter Rauigkeit durch Schlichtesysteme, Martin Kaiser, Florian Rauscher, Ronaldo Rodrigues da Costa, Bastian Riede und Simon C. Egger
- Fachmesse steht in den Startlöchern: Formnext und VDMA fokussieren Praxisbezug, Niklas Reiprich
- Messeleiter im Gespräch: „Metallbasierte Verfahren nehmen zentrale Rolle ein“, Niklas Reiprich
- Pulver für extreme Einsatzbedingungen: Nioblegierungen im Härtetest für die Raumfahrt, Bahar Fayyazi
- Anwendung in Windindustrie & Co: Sandformen für Multitonnen-Gussteile, Voxeljet, Fraunhofer IGCV, GE Vernova
- Experten zu Validierungsprozess: „Auch in Serienfertigung hohe Prozessstabilität“, Niklas Reiprich
Forschung
- Additive Fertigung: Hybrides Feingießverfahren für Gitterstrukturen, Mahan Firoozbakht und Andreas Bührig-Polaczek
- Kaltkammerdruckguss: Füllkammerkonzepte für konstante Bauteilqualität, Marie Bode, Gerhard Schoch, Friedrich Klein und Paul Heinrich
- DAP der RWTH Aachen im Kurzporträt: (Fast) unbegrenzte Möglichkeiten der Additiven Fertigung, Monika Wirth
Prozess&Produkt
- Ersatz für Glanzkohlenstoffbinder: Anorganisches Formstoffadditiv für emissionsarme Gießprozesse, Stefan Zingrebe und You Wu
Management
- Neuartige Methodik für Umweltstrategie: Klimaschutz als Business Case, Fraunhofer
Geisterbaustelle Deutschland
Wird am Standort Deutschland im „Herbst der Reformen“, der von der Politik angekündigt worden war, wirklich gebaut?
Nehmen wir Bau im wortwörtlichen Sinn. An meinem Lebensort Düsseldorf gibt es eine ganze Reihe von Abschnitten im öffentlichen Raum, die sich mittels Barken, Flatterband, einschlägiger Schilder sowie einer Ansammlung von Maschinen und Material als „Baustelle“ ausgeben. In Reibung mit dem Bürger geraten solche Orte dann, wenn sie den Verkehr behindern. Die Ecke Rolandstraße/Roßstraße ist so eine Stelle: Die Straße aufgerissen, das lange Loch gesichert. Eine Ampel regelt den nur noch einspurigen Verkehr, morgens und abends bilden sich Warteschlangen von mehreren Ampelphasen. Fahrzeuglenker warten aufs Grün-Signal, aber eigentlich warten sie darauf, dass die Arbeiten endlich fortgesetzt und dann auch beendet werden, die Ampel verschwindet und die Straße wieder behinderungsfrei genutzt werden kann. Seit Juni geht das so. Offensichtlich deswegen so lange, weil man beim Passieren der Stelle viele Attribute einer Baustelle sieht - aber nie Menschen, die arbeiten. Es ist die bloße Simulation einer Baustelle, es ist eine Geisterbaustelle.
In dem inzwischen halben Jahr dieser Geisterbaustelle bin ich in Europa gereist und vergleiche: Auch anderswo setzen Wetter und Verkehr den Straßen zu, rutschen Hänge ab, müssen Rohre erneuert oder weitere Infrastruktur gelegt werden. Baustellen sind kein deutsches Phänomen, es gibt sie auch in Schweden, den Niederlanden und Italien. Es gibt sie auf schmalen Ortsdurchfahrten im ländlichen Frankreich ebenso wie auf Transitstrecken in den Alpen oder an norwegischen Fjorden. Und alle diese Orte eint: Es wird gearbeitet. Dort, wo Baustelle drauf steht, ist auch Baustelle drin.
Möglicherweise kennt auch das Ausland Geisterbaustellen ‒ ich habe auf mehreren Tausend Kilometern Straßennetz allerdings keine passiert. Aber dafür die Düsseldorfer Roßstraße. Und die Roßstraße ist überall in Deutschland. Geisterbaustelle ‒ das ist ein spezifisch deutsches Phänomen, exklusiv „Made in Germany“. Und ich wünsche aus vollem Herzen allen anderen Europäern: Hoffentlich wird das ausnahmsweise kein deutscher Exportschlager. Den hätten unsere Nachbarn nicht verdient.
Aber dieser Stillstand ist sinnbildlich für den „Herbst der Reformen“, den die inzwischen nicht mehr ganz so neue Bundesregierung angekündigt hatte. Glauben Sie mir: Ich würde an dieser Stelle sehr gerne über die kraftvollen Reformen schreiben, mit denen die Bundesregierung unsere industrielle Wohlstandsgrundlage sichert. Darüber, wie spürbare Entlastungen bei den Stromkosten, beginnender Abbau der Bürokratie und weitere Maßnahmen insbesondere den industriellen Mittelstand in Deutschland stärken und dringend nötige Impulse im dritten Rezessionsjahr setzen.
Aber der Herbst der Reformen ist ja bislang komplett ausgeblieben, wir haben Stillstand. Und damit die Muße, einen finalen Blick ins Bauloch auf der Roßstraße zu werfen. Es ist Spätherbst geworden. Große, bunte Blätter bedecken inzwischen die Rohre. Und ich würde nicht ausschließen, dass demnächst auch noch Schnee auf diese Blätter fällt.