Aktuelles Heft

Die GIESSEREI ist die bedeutendste und auflagenstärkste Gießereifachzeitschrift Europas. Hier finden Sie den Inhalt der aktuellen Ausgabe 10-2024.

BRANCHE | MELDUNGEN

  • BDG zu Energiekosten: Wettbewerbsfähige Strompreise gefordert
  • WVMetalle: Neuer Hauptgeschäftsführer
  • Metallgiesserei Schüle: Mitglied des Europäischen Parlaments zu Besuch

BRANCHE | REPORTAGEN

  • Firmenjubiläum – Ein Jahrhundert Leidenschaft für Wärme, Christian Thieme

FORSCHUNG

  • Biokoks – Eigenschaften und Struktur für den Einsatz im Kupolofen, Teil 1 von 2, Vira Bovda, Ludmila Lomina, Bernd Blondin, Anne Hafner, Jonas Hafner, Oleksandr Bovda, Ihor Kolodiy, Pavlo Schikhaylo, Konstiantyn Lentstov
  • Ausferritisches Gusseisen mit Kugelgrafi t – Anwendungspektrum auf dickwandige Bauteile erweitert, Patrick Lachart, Babette Tonn, Eva Stolz, Rainer Masendorf, Alfons Esderts

PROZESS & PRODUKT

  • Moderne Induktionsschmelztechnik: Praktische Energiesparmaßnahmen und digitale Prozessdatenanalyse, Frank Donsbach, Matias Mohedano Rodriguez, Ulrich Nordt, Peter Koldig Hansen
  • Druckgusslegierungen: Passgenaue Zusammensetzungen ermöglichen klimafreundlichen Automobilbau, Andreas Kleine
  • Hartmetall-Werkzeuge: Automatisierungslösung für das trockene Elektropolieren, Dieter Engwicht
  • Mensch und Maschine: KI und Robotik in der Industrie, Jörg Rommelfanger
  • KI in der Metallverarbeitung: Die Zukunft in eine neue Form gießen, Thorsten Wujek
  • Interview mit Howard Boville, KI-Experte von DXC Technology, New York: Praxis-Erfahrungen mit generativer AI und EU-AI-ACT
  • News

MAGAGEMENT

  • Tagtraum Stabilität: Wenn der Change nur noch nervt, Georg Kraus
  • Drei Fragen an Dr. Marc Hüske: Industrie 4.0 stärkt Resilienz und Souveränität unseres Wirtschaftsstandorts

Eine Frage der Prioritäten

© BDG
Martin Vogt, Chefredakteur der GIESSEREI © BDG

Es ist eine starke Botschaft, die von der Studie „Transformationspfade“ des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ausgeht: Rund ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland ist bedroht. Wir benötigen Mehrinvestitionen von 1,4 Billionen Euro, damit Deutschland auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt oder wieder wird, denn das Land ist ja leider besorgniserregend zurückgefallen in vielen Rankings. Erstellt hat den „Weckruf der Industrie für dringend notwendige Veränderungen im Land“ ja kein zweifelhafter singulärer Player, sondern der große BDI mit Zuarbeit etlicher Verbände, auch des BDG, und in Zusammenarbeit mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln sowie Boston Consulting. Es wäre kaum vermessen zu vermuten, dass eine solche Studie und ihre dramatischen Befunde ein ausführliches Thema in der Tagesschau, der Hauptnachrichtensendung im deutschen Fernsehen, hätte sein müssen. Am Tag der Vorstellung der „Transformationspfade“ vielleicht sogar deren Aufmacher.

Tatsächlich machte die 20-Uhr-Tagesschau am Dienstag, den 10. September, mit Asyl auf, der Themenkomplex war sehr ausführliche fünfeinhalb Minuten lang, umfasste also mehr als ein Drittel der Sendung, es folgten Haushalt und gekündigte VW-Jobgarantie. Spätestens hier hätte das Thema Industrie natürlich hervorragend gepasst. Zwar ist die Krise bei Volkswagen multidimensional. Aber keine Expertenanalyse der vergangenen Wochen kam ohne Hinweis auf die ungünstigen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland aus. Verkrustung und Bürokratie, dazu die hohen Energiepreise plus ausufernde Netzentgelte: Themen, die sogar einen Automobilhersteller mit seinem im Vergleich zum energieintensiven industriellen Mittelstand geringen Energiekostenanteil belasten.

Nach Asyl, Haushalt und VW aber hatte die Tagesschau-Redaktion zunächst genug von Deutschland und wechselte ins Ausland: Weiter ging es mit Apples Strafzahlung, Nahost, dem bevorstehenden TV-Duell in den USA sowie einer privaten Weltraum-Mission. Als achtes und letztes Thema vor dem Wetter kam dann noch der – sehr ausführliche – Nachruf auf Friedrich Schorlemmer.

Man könnte sagen: Es war ein ungewöhnlich nachrichtenstarker Tag für schmale 15 Minuten. Pech für den BDI – der, hätte er vorausblicken können, sicherlich einen anderen Tag als den 10. September zur Kommunikation seiner brisanten Befunde gewählt hätte. Man könnte aber auch sagen: Es war eine Frage der Auswahl, der Prioritäten. So war der Programmhinweis auf die Übertragung des TV-Duells offenbar wichtiger als die 1,4 Billionen Euro. Und den privaten Milliardärs-Ausflug in den USA stufte die Redaktion als relevanter für die deutschen Fernsehzuschauer ein als den 1,4-Billionen-Investitionsstau im Heimatland der Tagesschau. Selbst jeweils 30 Sekunden weniger bei Asyl, Schorlemmer oder Nahost hätten die Transformationspfade und ihre 1,4 Billionen ausführlich in die Tagesschau gebracht.

Vielleicht aber ist diese dreizehnstellige Zahl einfach zu abstrakt für viele Menschen und deswegen fremd. Vielleicht müssen die Dinge erst konkret werden, damit wir begreifen, dass etwas passieren muss.

In der Nacht nach der Tagesschau stürzte die Dresdner Carolabrücke ein. Eine Brücke. Einfach so. In Deutschland.