Veranstaltung
Foto: Valentin Ziegler
10.12.2025

Aalen: Letztes Barbara-Kolloquium von Prof. Kallien

Nach 21 Jahren im Aalener Gießereilabor verlässt Prof. Dr. Lothar Kallien Ende Februar 2026 die Hochschule. Das am 4. Dezember veranstaltete Barbara-Kolloquium war damit auch das letzte unter seiner Ägide. Rund 240 Teilnehmer - darunter auch viele ehemalige Absolventen - nahmen dies zum Anlass, an dem Branchentreffen teilzunehmen.

Neben der Würdigung Kalliens durch langjährige Wegbegleiter - ein Vortrag von Dr. Daniel Schwarz vom Steinbeis Transfer Zentrum Gießereitechnologie Aalen entpuppte sich als eine Ansammlung von Grußbotschaften - prägte der WIssensaustausch zwischen den Gießerei-Instituten aus München, Clausthal, Kassel und Freiberg das Programm. 

Prof. Dr. Wolfram Volk vom Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen der TU München eröffnete das Kolloquium mit seinem Vortrag zur Herstellung dünnwandiger Aluminiumgussteile mittels 3D-Druck. Im Mittelpunkt stand dabei das Verfahren „Liquid Shaping“, das auf einer kontrolliert laminaren Formfüllung und dem anschließenden Herausdrücken des flüssigen Kerns basiert. Damit lassen sich druckgussähnliche Wandstärken von etwa 0,5 mm erreichen, ohne dass die Gefahr von Kaltläufen besteht. Versuchsreihen bestätigen die guten mechanischen Eigenschaften sowie die Wanddickenhomogenität gegenüber konventionellen Verfahren.  

Übertragung der CuAlMn-Legierung auf das Druckgießverfahren

Im zweiten Vortrag stellte Prof. Dr. Babette Tonn von der TU Clausthal hochdämpfende Kupfergusswerkstoffe auf Basis der CuAlMn-Legierungen vor. Durch die Nutzung der martensitischen Umwandlung ermöglichen diese eine besonders effektive Schwingungsdämpfung. Die mechanisch induzierte Phasenumwandlung erzeugt innere Reibung, wodurch Schwingungsenergie in Wärme umgewandelt wird. Das Umwandlungsverhalten wird durch Einflussgrößen wie Zusammensetzung, Korngröße, Versetzungen und Verunreinigungen bestimmt und ist entscheidend für die Einstellung des gewünschten Dämpfungsvermögens.

Zur Veranschaulichung brachte Prof. Tonn drei unterschiedlich eingestellte Stäbe mit und übergoss sie nacheinander mit heißem Wasser. Dabei zeigte sich deutlich, wie sich die Stäbe infolge der martensitisch-austenitischen Umwandlung unterschiedlich verhalten. Anschließend ging Tonn auf die Übertragung der CuAlMn-Legierung auf das Druckgießverfahren ein. Trotz höherer Schmelz- und Gießtemperaturen sowie erhöhtem Werkzeugverschleiß ist der Werkstoff gut gießbar, ermöglicht dünnwandige und komplexe Geometrien und bietet eine reproduzierbare Serienqualität. Insgesamt wurden bereits rund 700 Testbauteile erfolgreich gegossen, deren Performance aktuell validiert wird. Der Vortrag zeigte das erhebliche Potenzial dieser Legierung für Anwendungen, in denen eine deutliche Reduktion von Schwingungen und Geräuschen gefordert ist.

KI gegen intransparente Gießprozesse

Prof. Dr. Martin Fehlbier von der Universität Kassel stellte den Einsatz von KI-Technologie im Aluminiumdruckguss vor. Ziel des Projekts ist es, die Intransparenz beim Druckgießen mithilfe datenbasierter Methoden systematisch abzubauen. Ein Element ist dabei der Einsatz zweier Wärmebildkameras, die die Werkzeugtemperaturen während des Sprühvorgangs erfassen. Auf Basis dieser Thermografie-Daten werden KI-Modelle trainiert, die den Sprühprozess automatisch anpassen und so eine gleichmäßige Werkzeugkonditionierung sicherstellen. Dadurch lassen sich Gussfehler reduzieren, Ressourcen effizienter nutzen und die Prozessstabilität erhöhen.

Alternative zu fossilen Brennern

Prof. Dr. Gotthard Wolf von der Universität Freiberg stellte die Elektrifizierung des Energieeinsatzes in Leichtmetallgießereien als zentralen Ansatz zur Dekarbonisierung vor. Als Lösungsansatz präsentierte er den UHT-Thermo-Jet, einen elektrisch-induktiv beheiztes System zur Erzeugung eines Heißgasstroms, das fossile Brenner vollständig ersetzen kann. Das Plug-and-Play-fähige Konzept erlaubt den Einbau in bestehende Ofensysteme und ermöglicht bei Nutzung regenerativer Energie eine CO₂-neutrale Prozesstechnik. Im weiteren Vortragsteil erläuterte Wolf die Entwicklung des Systems vom Laborprüfstand mit 10 kW bis hin zum skalierbaren Demonstrator mit 200 kW Leistung. Abschmelzversuche bestätigten Temperaturen von über 1050 °C und zeigten die grundsätzliche industrielle Einsetzbarkeit. Durch geschlossene Gaskreisläufe lassen sich zudem Abgasverluste vermeiden, die Ofenatmosphäre sauerstoffarm halten und somit die Prozessqualität und Energieeffizienz verbessern. Dazu gehören eine geringere Wasserstoffaufnahme und ein reduzierter Abbrand beim Aluminiumschmelzen, weniger Verzunderung bei Wärmebehandlungen sowie eine verlängerte Lebensdauer feuerfester Auskleidungen. 

Zum Abschluss des Barbara Kolloquiums blickte Prof. Kallien auf 21 Jahre seines Wirkens an der Hochschule Aalen zurück. In dieser Zeit konnten neue Druckgießmaschinen, ein Computertomograph und viele andere Geräte angeschafft werden, um neben der Lehre die vielen Forschungsvorhaben im Bereich des Druckgießens erfolgreich durchführen zu können.

Das Beitragsbild zeigt (v.l.) Prof. Martin Fehlbier, Prof. Wolfram Volk, Prof. Lothar Kallien, Prof. Babette Tonn, Prof. Gotthard Wolf und Dr. Daniel Schwarz. Foto: Valentin Ziegler