
Leichtmetallfelgen aus Aluminium haben sich im Autobau längst etabliert, sind in der Produktion jedoch sehr energie- und emissionsintensiv. Führt der Trend also zurück zur guten alten Stahlfelge? Besser nicht, sagt ein Forschungsteam des Fraunhofer IGCV. Stattdessen will man nun Kreisläufe für Altmetalle schaffen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Automobilindustrie in vielerlei Hinsicht gewandelt. Während Stahlfelgen lange Zeit als Standard galten, hat Aluminium aufgrund seiner Leichtigkeit und Korrosionsbeständigkeit seit den 1990er-Jahren die Oberhand gewonnen. Leichtmetallfelgen bringen jedoch nicht nur Vorteile mit sich. Sie werfen inzwischen auch grundlegende Fragen hinsichtlich Nachhaltigkeit und Ressourcennutzung auf.
Insbesondere die Herstellung von Aluminium ist sehr energieintensiv und verursacht erhebliche CO2-Emissionen, verglichen mit Rohstahl sogar das zehnfache. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik (IGCV) wollen deshalb im Rahmen des aus Bundesmittel geförderten Projekts „SUPA-Wheel“ (Sustainable Production of Aluminium Wheels) den Anteil an recyceltem Aluminium in der Produktion auf mindestens 30 Prozent erhöhen.
Kreislauforientierte Versorgung mit Altmetall
„Wir wollen gemeinsam mit unseren Projektpartnern die Umweltbelastung signifikant reduzieren und gleichzeitig die Ressourcennutzung optimieren“, erklärt Robert Kleinhans, der am Fraunhofer IGCV am Standort Garching an innovativen Gießverfahren und Werkstoffen arbeitet. „Deshalb prüfen wir, wie wir recyceltes Aluminium besser nutzen können.“ Das Forschungsteam verfolgt dafür das so genannte Cradle-to-Cradle-Prinzip, das auf eine konsequente und durchgängige Kreislaufwirtschaft abzielt. In der Praxis bedeutet dies, dass alte Felgen nicht entsorgt, sondern wieder in den Produktionsprozess integriert werden.
Die Herausforderungen bei der Herstellung von Aluminiumlegierungen mit wiederverwerteten Materialien sind indes vielfältig. „Verunreinigungen können die Festigkeit und Langlebigkeit der Felgen beeinträchtigen“, so Kleinhans – ihm zufolge ein No-Go, wenn es um sicherheitsrelevante Bauteile geht. Daher sei entscheidend, die Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Elementen in der Legierung genau zu analysieren. „Nur so können wir sicherstellen, dass die Eigenschaften der Felgen den hohen Qualitätsstandards der Automobilindustrie gerecht werden.“
"Rezept" für Felgen aus Recyclingmaterial
Wichtiger Bestandteil der Forschungsarbeit ist die Entwicklung einer Matrix, die unterschiedliche Aluminiumlegierung mit variierenden Elementgehalten umfasst. Sie soll dem Team helfen, die Abhängigkeiten zwischen den Legierungsbestandteilen und den resultierenden Materialeigenschaften zu verstehen. „Durch diese systematische Herangehensweise können wir gezielt Legierungen entwickeln, die nachhaltig sind und dennoch optimale Leistungseigenschaften aufweisen“, erläutert Kleinhans. Vergleichbar sei dies mit einem Kuchenrezept: „Je mehr Kupfer eine Legierung zum Beispiel hat, desto fester wird sie. Damit steigt aber auch die Gefahr der Korrosion.“ Am Ende müssten also alle „Zutaten“ exakt aufeinander abgestimmt sein. Diese innovative Methodik – für die die IGCV-Forscher inzwischen ein Patent beantragt haben – soll es ermöglichen, die besten Kombinationen für die Herstellung von Felgen oder auch anderen Bauteilen zu finden, die sowohl ökologisch als auch funktional überzeugen.
Geringere Kosten für Automobilhersteller
Ein solcher Ansatz würde sich auch wirtschaftlich für die Automobilhersteller lohnen, ist sich das IGCV sicher. Die Herstellungskosten für Sekundäraluminium sind signifikant niedriger als die für Primäraluminium, denn es werden dabei nur etwa sieben Prozent der Energie benötigt. Zusätzlich können Automobilhersteller Kosteneinsparungen erzielen, insbesondere im Kontext strenger werdender Vorschriften zur Förderung der Dekarbonisierung. Für Robert Kleinhans bräuchte es daher langfristig eine verstärkte Investition in moderne Sortier- und Recyclingtechnologien. Nur so könne eine höhere Reinheit und Qualität des Sekundäraluminiums gewährleistet werden – ein notwendiger Schritt, wenn der Marktanteil von recyceltem Aluminium erhöht werden soll.
Beitragsbild: Fraunhofer IGCV, Kleinhans