Veranstaltung
Foto: J. Bachmann/TUBAF
30.10.2025

34. Ledebur-Kolloquium: TUBAF lädt zur Technologieschau

Das Gießerei-Institut der TU Bergakademie Freiberg versteht sich als Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis. Logische Konsequenz ist eine regelmäßige Fachtagung, die das Institut für Vertreter aus Wissenschaft und Industrie veranstaltet. Die jüngste Ausgabe des Ledebur-Kolloquiums warf Schlaglichter auf wichtige technologische Trends.

Von Niklas Reiprich

Wer sich mit den vielen akademischen Glanzleistungen in der Geschichte der TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) beschäftigt, könnte sicher ein ganzes Buch füllen. Die Gründung der Hochschule geht auf das Jahr 1775 zurück, seinerzeit als Maßnahme der sächsischen Regierung, die Wirtschaft nach dem „Augusteischen Zeitalter“ und dem Siebenjährigen Krieg durch verstärkte Nutzung heimischer Rohstoffe anzukurbeln. So entstand eine metallurgische und chemische Schule, in der schon bald bedeutende Persönlichkeiten lehren und lernen sollten. Zu nennen ist an dieser Stelle unter anderem Abraham Gottlob Werner, dessen Studien den Grundstein für heutige Geowissenschaften legte. Als einer der ersten Lehrer prägte er vor allem die Anfangszeit der Bergakademie – und zog damit unter anderem den jungen Alexander von Humboldt an, der bis heute als einer der größten Naturforscher in der Weltgeschichte betrachtet wird.

Unterwegs auf dem Campus der TUBAF liest man immer wieder die Namen solch namhafter Gelehrter. Labore, Technika und Hörsäle sind nach ihnen benannt und symbolisieren damit die weitreichenden naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, die in Freiberg gekeimt und gewachsen sind.

Auch ein Hüttenkundler hinterlässt Spuren

Auf dem Weg zum Gießerei-Institut der Bergakademie kommt man am sogenannten Ledebur-Bau vorbei. An einer Kreuzung der Leipziger Straße wurde ein Wissenschaftler verewigt, der 1884 den Lehrstuhl für Eisenmetallurgie in Freiberg etabliert hat: Adolf Ledebur. Ein besonderer Verdienst des Hüttenkundlers liegt in der systematischen Beschreibung der Eisen-Kohlenstoff-Legierungen. Die nach ihm benannte Ledeburit-Struktur – ein eutektisches Gefüge aus Zementit und Austenit – ist bis heute ein zentraler Begriff in der Werkstoffkunde und Metallografie. Auch das „Ledebur-Diagramm“, eine frühe Form des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms, wurde nach ihm benannt und ist ein Meilenstein in der Darstellung metallurgischer Phasenumwandlungen.

J. Bachmann/TUBAF
Zur Veranstaltung 295 Tage im Amt: Prof. Dr. Michael Szucki, seit diesem Jahr Leiter der Gießerei-Instituts an der TUBAF, informiert über die jüngsten Aktivitäten seines Fachbereichs. J. Bachmann/TUBAF

Nicht nur in Standardwerken wie dem mehrbändigen „Handbuch der Eisenhüttenkunde“ ist Ledebur nach Lebzeiten noch präsent. Auch verleiht er dem jährlich stattfindenden Kolloquium des Gießerei-Instituts der TUBAF seinen Namen. In der nunmehr 34. Ausgabe hat das Institut am 23. und 24. Oktober erneut Fachleute aus Wissenschaft und Industrie versammelt, um über neue Erkenntnisse aus der Forschung zu informieren. Für Prof. Dr. Michal Szucki war die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, die ersten 295 Tage im Amt aus der Retrospektive zu betrachten – im vergangenen Jahr hat der erfahrene Gießereitechniker die Leitung des Instituts von Prof. Gotthard Wolf übernommen. „Diese Aufgabe ist für mich der Höhepunkt meiner nun fast 20-jährigen Laufbahn in der Gießereibranche“, sagte Szucki.

Die Arbeit am Gießerei-Institut

Thematisch hat sich das Gießerei-Institut unter Szucki in viele Richtungen weiterentwickelt. „Besonders hervorzuheben sind unsere Arbeiten an klimaneutralen Wärmequellen für metallurgische Prozesse sowie an neuartigen Werkstoffen wie metallischen Gläsern und Verbundwerkstoffen“, so der neue Institutsdirektor. Eine der größten Herausforderungen blieben indes die geringe Zahl an Studierenden, insbesondere aus dem Inland. „Deshalb unternehmen wir zahlreiche Anstrengungen, junge Menschen für ein Studium bei uns zu begeistern und sorgen für gute Standortbedingungen“, betont Szucki. Zu letzteren gehört unter anderem ein neues Computerlabor mit modernen Simulationswerkzeugen.

Darüber hinaus widmen sich verschiedene Projekte zukunftsfähigen Technologien rund um die klimafreundliche Produktion, darunter auch der Einsatz mehrerer elektrischer Plasmabrenner. Ein großskaliertes System mit 120 Kilowatt Leistung wird derzeit zusammen mit dem Unternehmen TPS der Ebner Gruppe aus Österreich genutzt, um Aluminium zu schmelzen. „Die Schmelzversuche zeigen positive Ergebnisse hinsichtlich der Verbesserung der Schmelzqualität im Vergleich zu herkömmlichen Erdgasbrennern“, erläuterte Tobias Wanner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Gießerei-Institut, bei einer Besichtigung der Testanlage.

Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten galt der Pfannenvorwärmung: In diesem Bereich haben die Forschenden die Temperaturverteilung während Trocknung und Vorwärmung sowie die Abgastemperaturen mit einem Gasbrenner umfangreich vermessen. Die Ergebnisse sollen in Zukunft dabei helfen, elektrische und effiziente Alternativen für diesen wichtigen Prozessschritt zu implementieren.

Ambitionierte Forschungsarbeiten

Ganz im Sinne Ledeburs – er galt als präziser Denker, der großen Wert auf experimentelle Bestätigung legte – stellten ausgewählte Nachwuchswissenschaftler im Rahmen des Kolloquiums ihre Projekte vor. André Bergmann Kremer, zum Beispiel, möchte nachweisen, dass sich Sekundäraluminium zur umweltschonenden und materialeffizienten Herstellung hochdekorativer Gussteile eignet. Bislang werden diese ausschließlich aus AlMg-Primärlegierungen hergestellt, da diese die zum Anodisieren erforderliche chemische Zusammensetzung erfüllen. Aus ökologischer Perspektive sei dies problematisch, so Bergmann Kremer: „Ihre Herstellung aus Bauxit ist über die Schmelzflusselektrolyse ist mit einem sehr hohen Energieaufwand verbunden und weist eine entsprechend ungünstige CO2-Bilanz auf.“ Sein Ziel ist es nun, anhand aus Sekundärmaterial gefertigter Türklinken eine gänzlich neue Spezifikation für anodisierbare Gussteile zu erstellen. 

Kremers Kommilitone Eric Schramm legt seinen Fokus derweil auf die technologischen Anforderungen der Elektromobilität – insbesondere, was den Leichtbau bewegter und rotierender Massen betrifft. Er hat eine Leichtbau-Bremsscheibe aus einer verschleißbeständigen, SiC-partikelverstärkten Aluminiumlegierung entwickelt, deren Dichte circa 30 Prozent geringer ist als bei konventionellen Werkstoffen für Bremsscheiben wie Grauguss oder Stahl. Im Rahmen des Projektes wurden umfangreiche Testreihen sowohl unter Prüfstandbedingungen als auch im Straßenbetrieb durchgeführt. „Das Testergebnis für über 7500 Kilometer reale Fahrtstrecke mit unterschiedlichen Fahrzeugen und Straßenbedingungen zeigt ein stabiles und insgesamt verbessertes NVH-Verhalten gegenüber konventionellen Bremsscheiben“, so Schramm. Die Ergebnisse sollen nun als Grundlage für eine Serienüberführung fungieren und damit „einen wichtigen Schritt in Richtung nachhaltiger Fahrzeugtechnologie“ markieren.

 

Neben Neuigkeiten aus dem Forschungsumfeld des Gießerei-Instituts bot das Freiberger Kolloquium auch eine Plattform für Impulse aus der Industrie. Diesen Teil und damit auch den vollständigen Bericht lesen Sie in Ausgabe 11/25 der Fachzeitschrift GIESSEREI. Das Heft erscheint am 4. November. 

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Beitragsbild: J. Bachmann/TUBAF