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08.05.2019

Protektionismus sowie Brexit befeuern Unsicherheiten

Die deutsche Zulieferindustrie ist für das Jahr 2019 „wetterfest“ aufgestellt. Dennoch limitieren instabile handelspolitische Leitplanken sowie EU-spezifische Unsicherheiten die Geschäftsentwicklung.

Das Jahr 2018 steht für die deutsche Zulieferindustrie mit einem spürbaren Umsatzplus von ca. 3 Prozent auf 264 Mrd. Euro in den Büchern. Die Lieferungen an ausländische Kunden legten bei einer Exportquote von rund 39 Prozent in ähnlicher Dynamik auf 103 Mrd. Euro zu. Es kann nicht oft genug betont werden, dass die Stabilität nicht nur der internationalen Wertschöpfungsketten, sondern der globalen Märkte grundsätzlich, für die deutschen Zulieferer essenziell ist: Zusätzlich zu direkten Ausfuhren landen Dreiviertel der im Inland abgesetzten Komponenten und Aggregate später zur Endverwendung im Ausland.

Diese indirekten Exporte sind die Ursache für das Wachstum der Zulieferer, denn die wichtigste Kundengruppe – die deutschen OEMs – haben ihre Produktion im Inland reduziert. Die Kapazitätsauslastung ist im Verlauf des Jahres 2018 gegenüber dem schon hohen Niveau aus dem Vorjahr nochmals gestiegen (87 Prozent). Auch für das erste Quartal 2019 zeigt sich die hohe Beschäftigung der Kapazitäten stabil. Dies ist allerdings überwiegend auf die Auftragsbestände zurückzuführen. Neue Impulse zeigen sich nur vereinzelt. Vor dem Hintergrund des hohen Auslastungsniveaus haben die Zulieferer ihre Belegschaften im Vorjahresvergleich nochmals um 3 Prozent aufgestockt: Die Zahl der Beschäftigten ist Stand Ende 2018 auf ca. 1,2 Mio. Personen gestiegen.

Dass dies überhaupt realisierbar war, unterstreicht die Attraktivität der deutschen Zulieferindustrie auf dem Arbeitsmarkt. Investitionen mit realistischer langfristiger Markteinschätzung anzugehen, das ist der Rahmen in dem die Zulieferer ihre Investitionsentscheidungen treffen. Erweiterungsinvestitionen sind nicht in der Breite das Gebot der Stunde. Eher geht es um strukturelle Anpassungen, Integration von Automatisierungs- und Digitalisierungsmöglichkeiten sowie die Erweiterung und Optimierung der Angebotspalette. Die unverändert investitionsfreundliche Zinslage stützt das Bemühen der Unternehmen, sich kontinuierlich zukunftsfähig zu positionieren. Die reale Lage spiegelt sich deutlich im Geschäftsklima der Zulieferer wider: Die Bewertung der aktuellen Lage ist zwar von ihrem durch Überhitzung geprägten Höchststand von vor einem Jahr deutlich gesunken. Dennoch liegt der Bewertungssaldo immer noch bei plus 20 Prozentpunkten.

Auf Sicht des Jahresverlaufs sehen sich die Zulieferer einer Fülle an Unwägbarkeiten gegenüber, die ihre Perspektiven unter Druck setzen. Hier sind die politischen Akteure insbesondere auf der handelspolitischen Bühne gefordert. Die Hängepartie beim Brexit lässt die Verunsicherungen bei den Unternehmen der Zulieferindustrien andauern. Die Gefahr, dass Wertschöpfungsketten abreißen, liegt auf der Hand. Die Ankündigung der britischen Regierung, im Falle eines Austritts ohne Abkommen Zölle auf den Import von Fahrzeugen zum Schutz der eigenen Automobilindustrie zu erheben, hat die Verunsicherung nochmals verschärft. Zusätzlich dazu stehen US-Schutzzölle auf Fahrzeuge immer noch im Raum. Die europäischen Automobilhersteller als wichtige Kundenbranche bzw. deren europäischen Standorte wären betroffen. Da würde es auch wenig nützen, wenn die Schutzzölle der USA gegen WTO-Recht verstießen und die EU vermutlich Gegenmaßnahmen treffen würde. Die Nachfrage der Automobilhersteller nach Zulieferprodukten würde sich spürbar verändern. Bei der PKW-Produktion bestätigt sich ein schon länger andauernder Trend, nämlich der Verlagerung von Inlandsproduktion ins Ausland. Zu beobachten sind weiterhin Modellverlagerungen ins Nicht-EU-Ausland bei einigen deutschen Automobilherstellern. Das führt zwar zu einer rückläufigen Automobilproduktion im Inland und zum Wachstum im Ausland. Da die Zulieferer aber weltweit liefern, sehen sie sich hier gut gewappnet. Und innerhalb der EU zeigen sich bei der PKW-Produktion tendenziell Seitwärtsbewegungen. Die im 3. und 4. Quartal 2018 aufgetretenen Produktionsrückgänge wegen des WLTP-Zulassungsverfahrens sind nur noch als „Nachwehen“ spürbar.

Die jüngsten Signale von den chinesischen Märkten sind indes ambivalent. Im Automobilmarkt sank das Marktvolumen im Januar und Februar deutlich gegenüber den Vorjahresmonaten, die chinesische Regierung plant jetzt allerdings Konjunkturmaßnahmen zur Stützung der Nachfrage. Die in diesen Tagen von einem namhaften deutschen Automobilhersteller geforderten deutlichen Sparanstrengungen bei den Zulieferern sehen diese sehr kritisch, denn sie kommen zur Unzeit. Die Automobilbauer und ihre Zulieferer müssen jetzt mehr forschen denn je, um zukunftsfähig zu bleiben. Dazu Christian Vietmeyer, Sprecher der ArGeZ: „Emissionsfreie Antriebe, autonomes Fahren etc. sind die technologischen Herausforderungen, bei der die gesamte Wertschöpfungskette vom OEM über die Tier-Unternehmen bis zum Grundstoffhersteller jetzt liefern muss. Da passt es gar nicht, wenn ein massiver einseitiger Kostendruck vom OEM aufgebaut wird.“

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