Veranstaltung
16.06.2025

Deutsche Gießereitag 2025 setzt starke Impulse

Mit dem Deutschen Gießereitag 2025 brachte der BDG die drängendsten Themen der Branche auf die große Bühne: Im eurogress Aachen versammelten sich knapp 400 Teilnehmer, um über Rahmenbedingungen, Transformation und Technologie zu diskutieren. 

Veranstaltet vom Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG), richtete sich der Deutsche Gießereitag an die Top-Entscheider aus den Gießereien, Zulieferer sowie Vertreter aus Forschung und Entwicklung. Gleich zu Beginn appellierte BDG-Präsident Clemens Küpper an deren gemeinsames Engagement: Das große Treffen in Aachen - der Stadt der Technik - zeige, "dass wir als Branche zusammenhalten". 

Küpper machte zugleich auf die angespannte wirtschaftliche Lage der Industrie aufmerksam: "Unsere Betriebe sind nicht nur energieintensiv, sondern auch material-, lohn- und bürokratieintensiv", so der Verbandspräsident. Als Sprecher der Geschäftsführung der Eisengießerei Baumgarte weiß er um die operativen Herausforderungen des industriellen Mittelstands. Jetzt komme es auf "pragmatische Lösungen" an, betonte Küpper.

Polititsches Panel einig zu Industriestrompreis

Mit Küppers Eröffnungsrede richtete der Deutsche Gießereitag seinen Blick zuallererst auf die Bundespolitik. Zwar lässt sich nach knapp 30 Tagen seit der Regierungsbildung noch kein valides Fazit über deren Erfolg oder Misserfolg ziehen. Mit zwei Vertretern aus dem politischen Berlin gelang es aber dennoch, eine Bestandsaufnahme über die aktuelle Lage am Wirtschaftsstandort vorzunehmen und einen Ausblick über die kommenden Wochen zu geben.

Ganz konkret informierte darüber der Düsseldorfer Professor Jens Südekum, der seit Ende Mai persönlicher Beauftragter für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung von Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil ist. "Die Geschwindigkeit der De-Industrialisierung am Arbeitsmarkt nimmt zu", weiß Südekum. Diese zu stoppen, sei "einer der größten Herausforderungen für die neue Bundesregierung". In Aachen plädierte der Ökonom für einen Industriestrompreis, dessen Umsetzung in Berlin auf eine hohe Bereitschaft treffe. "Alle 16 Ministerpräsidenten haben sich für den Industriestrompreis ausgesprochen", so Südekum. Es bestehe daher eine "begründete Hoffnung, einen Aufwärtsschwung in der deutschen Wirtschaft erwarten zu dürfen". 

Eine anschließende Paneldiskussion vertiefte die Frage um neue Rahmenbedingungen für die deutsche Gießerei-Industrie. Neben Südekum nahmen daran auch BDG-Präsident Küpper, Dr. Marc Mateika (Meier Guss Gruppe) und Daniel Rinkert (MdB, SPD) teil. 

Marktdynamik und Perspektiven

Dass es auch gießtechnische Herausforderungen zu meistern gilt, weiß Dr. Wolfram Volk, Inhaber des Lehrstuhls Umformtechnik und Gießereiwesen der TU München. In der zweiten Session zum Thema "Deutscher Guss in alten und neuen Märkten" befasste er sich mit disruptiven Veränderungen des Industriestandards. "Gießtechnische Innovationen entstehen im Spannungsfeld von Bauteilanforderungen und systemischen Randbedingungen entlang der gesamten Prozesskette", erklärt Volk - und führte dabei mit Rheocasting oder Voxelgießen konkrete Beispiele auf. "Wir haben Ideen und Know-How - was es jetzt braucht, ist Mut zur Umsetzung und Bereitschaft zur Investition", so Volk. 

Das Panel zur Session mit Dr. Volk, Dirk Engels (Isselburg Guß und Bearbeitung), Stephan Buchholz (Buchholz & Cie. Giesserei) und Jeroen Geradets (Gemco) griff weitere mögliche Veränderungen im Marktumfeld auf - darunter Investitionen in den Verteidigungssektor, Elektromobilität und Personalgewinnung. 

Themenkomplex Dekarbonisierung 

Wie schreitet die Transformation zur Klimaneutralität voran? Dieser Frage widmete sich die dritte Session des Deutschen Gießereitags. "DIe Elektrifizierung ist die Kernlösung, bringt aber Herausforderungen mit sich", sagt Dr. Roland Geres von Futurecamp in seiner Keynote. So hänge der Erfolg maßgeblich von Faktoren ab, die schwierig zu beeinflussen seien. Geres wies während seines Vortrages auf eine neue Roadmap des BDG hin, die faktenbasiert Aufschluss über diesen Technologiepfad gibt.

Unter anderem über die Learnings aus der Roadmap tauschten sich im Panel dann Geres, Max Schumacher (Hauptgeschäftsführer BDG), Elke Radtke (Leiterin Umwelt- und Arbeitsschutz BDG) und Markus Semmler (Fritz Winter) aus. 

Der Mittelstand im digitalen Wandel 

Die letzte Session des Deutschen Gießereitags drehte sich um die "Machen KI und neue Berufsbilder uns wettbewerbsfähig?" und befasste sich mit der digitalen Transformation der Branche. Für Dr. Sebastian Tewes, Leiter Technik und Innovation im BDG, liegt der Schlüssel klar in der Fähigkeit, richtig und erfolgreich zwischen Mensch und Maschine zu kommunizieren. "Wir benötigen andere Qualifikationen in der gesamten Hierarchie, müssen Bildung und Qualifikation neu denken", meint Tewes in seiner Keynote. Der Mensch spielt aus seiner Sicht auch künftig eine zentrale Rolle: "Digitalisierung ersetzt repetitive Fähigkeiten, aber nicht Erfahrung und Urteilsvermögen. Der Mensch tritt nicht ab, er verändert seine Rolle."

Wie diese Rolle und die damit verbundenen Aufgaben künftig aussehen könnten, diskutierten im Panel Tewes, Stefan Bredl (Pinter Guss), Prof. Christoph Broeckmann (RWTH Aachen) und Albert Miller (ABP Induction Systems). Es brauche Mut und das richtige Mindset, um erfolgreich in die Nutzung von KI einzusteigen, lautete ihr gemeinsames Fazit. Dann könne man schon kurzfristig, wichtige Meilensteine erreichen. 

Eine passend motivierende Abschlusskeynote hielt die Profi-Marathon-Rallyefahrerin Jutta Kleinschmidt. Sie berichtete von ihren persönlichen Erfahrungen mit Krisen und daraus resultierenden Chancen. "Manchmal muss man Gas geben, ohne alle Konsequenzen zu kennen", riet die studierte Physikerin, die zu den weltweit erfolgreichsten Frauen im Motorsport gehört. Man dürfe nicht aufgeben, nur weil es schwierig werde. 

Aus der Fachausstellung auf den Fußballplatz

Begleitet wurde der Deutsche Gießereitag von einer Fachausstellung, an der insgesamt 45 Unternehmen ihre Lösungen für die Branche präsentierten. Zu den Ausstellern gehörten unter anderem Otto Junker, Foseco und RWP sowie Gemco, Laempe und ABP Induction. Zudem wurde erneut der Innovationspreis der Deutschen Gießerei-Industrie Peter R. Sahm verliehen, der in diesem Jahr die Dekarbonisierungsprojekte der Fritz Winter Eisengießerei auszeichnete. Die Abendveranstaltung fand im Aachener Tivoli statt - der Heimat des lokalen Fußballvereins Allemania Aachen. Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, eine Führung durch das Stadion zu erleben und lebhafte Eindrücke aus der fernen und jüngsten Vereinsgeschichte zu sammeln. 

Noch bis Ende Juni können die Teilnehmer dem BDG ihr Feedback mitteilen und so die nächste Veranstaltung mitgestalten. Rückmeldungen können über die DGT-App gegeben werden, die kostenlos bei Google Play und im App-Store verfügbar ist. Alternativ geht es hier direkt zum Feedback-Formular

Der nächste Deutsche Gießereitag findet am 21. und 22. Mai 2026 in der Lokhalle Göttingen statt. 

Ein ausführlicherer Nachbericht zum Deutschen Gießereitag mit weiteren Impressionen und Stimmen lesen SIe im Juli in der großem Sommerausgabe der Zeitschrift GIESSEREI. Noch kein Abo? Hier finden Sie alle Informationen.

Beitragsbild: Tobias Ortmann/Odys