

In der Gießereitechnik ist der 3D-Druck von Sandkernen bereits fester Bestandteil, um immer komplexere Bauteile etwa für die Luft- und Raumfahrt oder Medizintechnik zu fertigen. In ihrer Promotion hat Dr. Patricia Erhard das Verfahren weiterentwickelt – und so neue Möglichkeiten für die Gestaltung von filigranen Innenstrukturen eröffnet. Im Gespräch mit der Nachwuchswissenschaftlerin erhalten wir tiefere Einblicke in ihre Forschungsarbeit und die dahinterstehende Motivation.
Frau Dr. Erhard, beginnen wir ganz vorne: Wie sind Sie zur Gießereitechnik gekommen? Was fasziniert Sie an diesem Verfahren?
Dr. Patricia Erhard: Ich habe ganz klassisch Maschinenbau studiert und mich dabei schon immer dafür begeistern können, wie Innovationen durch die richtige Kombination von Material- und Fertigungsverfahren möglich werden. Besonders spannend finde ich dabei die Kombination von Metallguss und Additiver Fertigung, weil hier Formgebung und Werkstoff zusammenkommen.
Und das hat Sie dann zur Fraunhofer-Gesellschaft geführt…
Erhard: Als ich zum IGCV kam, war das für mich eine aufregende Zeit. Der Gießereibereich wurde gerade erst neu aufgebaut, er herrschte regelrechter Start-up-Spirit. Aktiv an dieser Entwicklung mitzuwirken und ein Stück Zukunft mitzugestalten, hat mich damals überzeugt. Und begeistert mich bis heute.
Gab es einen bestimmten Moment während Ihrer Forschungskarriere, der Ihre Faszination für die Branche besonders geprägt hat?
Erhard: Besonders war es für mich zu erkennen, wie vielfältig und unterschiedlich die Produkte der Gießerei-Industrie sind – von Hüftimplantaten über Zylinderköpfe bis hin zu Rotornaben für Windkraftanlagen. Diese breite Palette hat mich beeindruckt, weil jede Anwendung ganz spezifische Anforderungen an die Eigenschaften des einzelnen Bauteils und die gesamte Prozesskette gleichermaßen stellt.
Ein Highlight war sicher auch der Hugo-Geiger-Preis, mit dem Ihre Promotionsarbeit Anfang des Jahres ausgezeichnet wurde. Bitte umreißen Sie den zentralen Forschungsansatz – was war die Ausgangsfrage der Arbeit und was Ihr Ziel?
Erhard: Der Sand-3D-Druck ist heute Stand der Technik und bereits teilweise in der Serienfertigung angekommen. Er hat die Fertigung hochkomplexer Gießereiprodukte bereits stark verändert. Allerdings stößt dieses Verfahren – besonders beim Design von Innenstrukturen – noch an technologische Grenzen, insbesondere bei der Oberflächengüte, Festigkeit und Entkernbarkeit. In meiner Promotionsarbeit habe ich deshalb den schlickerbasierten 3D-Druck-Prozess keramischer Gießkerne untersucht. Mein Ziel war es herauszufinden, wie sich mit dieser Methode besonders filigrane, hochfeste Gießkerne zuverlässig und wirtschaftlich herstellen lassen, um bestehende Einschränkungen des Sand-3D-Drucks zu überwinden.
Unter anderem haben Sie mit keramischer Suspension gearbeitet anstelle von Sand. Welche spezifischen Vorteile bietet diese Methode gegenüber konventionellen 3D-gedruckten Sandkernen?
Erhard: Im schlickerbasierten 3D-Druckverfahren für keramische Kerne wird anstelle von Sand ein wässriger Keramikschlicker Schicht für Schicht auf eine Bauplattform aufgebracht und mit einem Bindemittel lokal verfestigt. Der große Vorteil liegt darin, dass durch die feinen Keramikpartikel und Kapillarkräfte sehr dichte Grünkörper entstehen. Im Gegensatz zum Sanddruck dient der Binder hier nur zur Formgebung, während die gewünschten mechanischen Eigenschaften erst im anschließenden Sinterprozess eingestellt werden. Für die Anwendung keramischer Gießkerne reichen meist moderate Biegefestigkeiten von 10 bis 30 MPa – das ist etwa das Zehnfache von konventionellen Sandkernen. Dadurch lassen sich deutlich filigranere Strukturen mit Wandstärken unter einem Millimeter realisieren, und die Oberflächengüte ist viel höher als bei Sandkernen.
Welche technischen Herausforderungen gab es beim 3D-Druck dieser Kerne? Und wie haben Sie diese gelöst?
Erhard: Der schlickerbasierte 3D-Druck ist insoweit komplexer als der Sand-3D-Druck, weil jede einzelne Schicht vor dem Auftrag des Bindemittels getrocknet werden muss. Dieser Trocknungsschritt ist entscheidend, da er nicht nur die Prozesseffizienz beeinflusst, sondern auch die späteren Materialeigenschaften der Kerne bestimmt. Eine weitere wichtige Herausforderung betrifft das Auspacken der gedruckten Bauteile. Durch die Kapillarkräfte und niedrige Partikelgrößen entsteht ein sehr dichtes Pulverbett, das fest an den Bauteilen haftet und nach dem Druck im Wasserbad aufgelöst werden muss. Die gezielte Trocknung erfordert eine genaue Prozesskontrolle, um hochwertige und filigrane Strukturen zuverlässig herzustellen. Beim Washout aus dem Pulverkuchen haben wir mittlerweile gelernt, dass über Additive in der Schlickerrezeptur das Auspacken stark vereinfacht werden kann.
Welche Rolle spielen integrierte Sollbruchstellen in Erhards Forschungsarbeit? Und wie schätzt die Wissenschaftlerin das Potenzial des untersuchten Verfahrens für die Serienproduktion ein? Antworten auf diese und weitere Fragen lesen Sie in der vollen Version des Interviews in Ausgabe 07-08/25 der GIESSEREI.
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Die Fragen stellte Niklas Reiprich.
Beitragsbild: Fraunhofer IGCV