Forschung
Gruppenfoto vom Kickoff-Treffen HySecunda des gesamten Konsortiums - © Fraunhofer IMWS
19.01.2024

Skalierbare Lösungen für grüne Wasserstoffproduktion in Südafrika

Südafrika könnte als sicherer Produzent für grünen Wasserstoff – auch als Lieferant für Deutschland – in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen. Herausforderungen gibt es aktuell jedoch bei der Speicherung und Verteilung des Rohstoffs. Hier knüpft das kürzlich gestartete Fraunhofer-Verbundprojekt »HySecunda« an, in dem neun Fraunhofer-Institute sowie die Fraunhofer Academy kooperieren. Im Projekt sollen optimierte Lösungen zur Herstellung, Speicherung und Zertifizierung von grünem Wasserstoff gefunden werden, zudem unterstützt das Konsortium beim Capacity Building in der Region und in aktuellen Projekten zu Wasserstoff-basierten Treibstoffen für die Luftfahrt.

Südafrika verfügt über reichlich erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind, die genutzt werden können, um sauberen und nachhaltigen Wasserstoff zu produzieren. Für Deutschland und Europa könnte das Land somit zukünftig eine wichtige Rolle als Wasserstoffproduzent einnehmen, wenn geeignete Infrastrukturen für die Wasserstoffverteilung und -speicherung entwickelt werden sowie Produktionskosten gesenkt werden können, um wettbewerbsfähig zu sein.

Hier setzt das Verbundprojekt »HySecunda« an, in dem die Fraunhofer-Institute Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS, Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE, Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, Keramische Technologien und Systeme IKTS, Silicatforschung ISC, Schicht- und Oberflächentechnik IST, Windenergiesysteme IWES, System- und Innovationsforschung ISI, Solare Energiesysteme ISE sowie die Fraunhofer-Academy für einen Zeitraum von drei Jahren praxisrelevante und skalierbare Lösungen zur grünen Wasserstoffproduktion in Südafrika entwickelt. Im Rahmen des Projekts sollen Lösungen für Capacity Building umgesetzt werden, etwa durch ein Aus- und Weiterbildungskonzept, das die länderspezifischen Bedarfe der 16 Staaten umfassenden Southern African Development Community (SADC-Region) adressiert.


Markt- und systemgerechte Lösungen für die Zertifizierung von grünem Wasserstoff

Ein zentrales Thema für »HySecunda« sind zudem Markt- und systemgerechte Lösungen für die Zertifizierung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate. Diese sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommerzialisierung und den Import nach Deutschland und Europa.

Auf technologischer Ebene unterstützen die Fraunhofer-Institute in vier Schwerpunkten:

  • Die Entwicklung neuartiger Sensorik, die beispielsweise ein besseres Aufspüren von Lecks in Tanks und Leitungen sowie ein frühzeitiges Erkennen von Korrosions- und Alterungsvorgängen möglich machen soll.
  • Neuartige, kombinierte Sauerstoff-/Wasserstoff-Barriereschichten. Solche Schichten verhindern das Eindringen von Sauerstoff und Wasserstoff in jeweils andere Teile der Elektrolysezelle oder in die Umgebung. Verbesserte Lösungen steigern somit die Lebensdauer und Sicherheit der eingesetzten Komponenten.
  • Kostengünstigere Beschichtungen für Bipolarplatten (BPP). Solche Platten dienen als leitfähige Trennwände zwischen den einzelnen Zellen. Wegen der extremen Anforderungen an diese Komponenten (Temperatur, Druck, elektrische Spannung, korrosive Bedingungen) werden BPP meist aus Titan, Graphit, Stahl oder Edelstahl gefertigt und die Oberfläche zusätzlich mit Edelmetallen wie Gold oder Platin beschichtet. Hier will das Konsortium kostengünstigere Lösungen erproben, die den extremen Betriebsbedingungen gewachsen sind und die nötige Langzeitstabilität bieten.
  • Optimierte Lösungen für poröse Transportschichten (PTL). Diese unterstützen den effizienten Transport von Gasen, Flüssigkeiten und Ionen in der Elektrolysezelle und werden zwischen der Elektrode und der Bipolarplatte platziert. Optimierte PTL-Lösungen können die Effizienz der Reaktion erheblich steigern.


Markt- und systemgerechte Lösungen für die Zertifizierung von grünem Wasserstoff

»Wir wollen Fraunhofer-Kompetenzen einbringen, um einerseits einen Beitrag zur Energiesicherheit in Deutschland und Europa zu leisten und andererseits langfristige Kooperationen mit der SADC-Region aufzubauen, durch die Wertschöpfung vor Ort möglich wird«, sagt Prof. Mario Ragwitz, Co-Sprecher des Strategischen Forschungsfelds Wasserstofftechnologien in der Fraunhofer-Gesellschaft. So wird das HySecunda-Konsortium eng mit Partnern aus dem industriellen Projekt HyShiFT zusammenarbeiten, das die Wasserstoff-basierte Herstellung von grünen Flugkraftstoffen zum Ziel hat und dabei ebenfalls auf die Möglichkeiten in Südafrika setzt. Die HySecunda-Partner, die sich zu einem Kickoff am 29. und 30. November 2023 in Halle (Saale) trafen, bieten hier komplementäre Kompetenzen und Ansätze. »Das ist ein gutes Beispiel, wie unser Konsortium andere Projekte in der Region begleiten und empowern kann«, sagt Ragwitz.

»Für uns ist das HySecunda-Projekt ein ganz wichtiger Meilenstein für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten. Wir freuen uns sehr, mit den Kompetenzen von neun verschiedenen Fraunhofer-Instituten die Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff und synthetischen Energieträgern im südafrikanischen Raum zu unterstützen«, sagt Dr. Klemens Ilse, Gruppenleiter »Materialdiagnostik für H2-Technologien« am im Projekt federführenden Fraunhofer IMWS.

Das Fraunhofer IEE in Kassel verantwortet in dem HySecunda-Projekt unter Leitung von Jochen Bard, Forschungsbereichsleiter Energieverfahrenstechnik, federführend den Themenblock »Zertifizierung und Markt«. In diesem Themenblock werden markt- und systemgerechte Lösungen für die Zertifizierung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate zur Nutzung und langfristigen Sicherstellung des Imports nach Deutschland und Europa entwickelt. Daneben erabeitet das Fraunhofer IEE in dem Themenblock »Capacity Buildung« ein Aus- und Weiterbildungskonzept für den Bereich grüner Wasserstoff für die SADC-Region. In diesem Themenblock knüpft das Fraunhofer IEE mit seinen Wissenschaftler:innen an seine bisherigen Capacity-Buildung-Projekte zum Thema PtX und grüner Wasserstoff in der MENA- und SADC-Region an.

Das Forschungsvorhaben mit einem Gesamtvolumen von ca. 15 Millionen Euro wird mit dem Förderkennzeichen 03SF0734A innerhalb des 7. Energieforschungsprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE

Schlagworte

BeschichtungCADEdelstahlForschungProduktionSicherheitStahlWerkstoffe

Verwandte Artikel

Professor Dr. Hans Schotten
26.04.2024

6G-Technologie auf dem Weg in die Anwendung – Plattform vernetzt Forschungsaktivitäten

Im Fokus stehen etwa 6G-Standards und -Prozesse, Datensicherheit, eine hochzuverlässige Datenübertragung, Netzverfügbarkeit und neue Rechnernetze.

Automation Digitalisierung Energieeffizienz Forschung Kommunikation Messe Nachhaltigkeit Sicherheit
Mehr erfahren
25.04.2024

RPTU schafft Grundlagen, um Maschinen künftig mittels 6G-Mobilfunk kabellos zu steuern

Die Forscher nutzen für ihr Konzept kabellose Networks-in-Networks. Die Idee dahinter ist, dass an die übergreifende 6G-Gesamtarchitektur spezialisierte Architekturen and...

Digitalisierung Fertigung Forschung Kommunikation Lieferkette Messe Organisation Planung Produktion
Mehr erfahren
ABP-Induktionsofenschmelzanlage in Betrieb.
GIESSEREI
24.04.2024

Wie der Induktionsofen zum Energiespeicher wird

Die metallverarbeitende Industrie ist weltweit einer der größten industriellen Verursacher von CO2-Emissionen. Eine alternative Lösung zur CO2-Reduzierung ist die Indukti...

Design Digitalisierung Eisen Fertigung GIFA Guss Gussteile Messe Metallverarbeitung Planung Produktion Simulation
Mehr erfahren
If metal shavings are pressed into briquettes, the volume of aluminium, for example, is reduced volume of aluminium is reduced to a tenth.
GIESSEREI
23.04.2024

Vergleich Brikettieren vs. Zentrifugieren

Vor einer Investition in eine Spänebehandlung ist gründlich zu prüfen, welche Potenziale diese bietet.

Aluminium Automatisierung Eisen Guss Kupfer Logistik Maschinenbau Produktion Stahl Werkstoffe
Mehr erfahren
Wolfgang Maaß (l.) und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter Hannah Stein und Ankit Agrawal (r.) forschen mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft daran, die Leistungskraft der Quanten für die metallverarbeitende Industrie nutzbar zu machen.
22.04.2024

Quantenpower für die Wirtschaft – Schnelle Simulationen für die Industrie 4.0

Metallbauteile perfekt in Form ohne Ausschuss und Fehlproduktion: Die Rechenkraft der Quanten soll schon in greifbarer Zukunft die Fertigung der metallverarbeitenden Indu...

Digitalisierung Eisen Fertigung Forschung Industrie 4.0 Materialwissenschaft Messe Planung Produktion Sicherheit Simulation Software Turbine
Mehr erfahren